Beirat der Bundesregierung präsentiert Charta zur nachhaltigen digitalen Zukunft
Der Charta-Entwurf basiert auf dem jetzt vollständig verfügbaren WBGU-Gutachten Unsere gemeinsame digitale Zukunft und berücksichtigt aktuelle internationale Debatten um eine Ethik der Digitalisierung. Der Entwurf wird heute auch im Rahmen des Klimagipfels der Vereinten Nationen in New York präsentiert und zur Online-Kommentierung freigegeben. Ein Kurzfilm verdeutlicht die Notwendigkeit einer globalen Verständigung zu diesem Thema. Ziel des Diskussionsprozesses ist es, unterschiedliche Expertisen und Perspektiven zusammenzuführen und gemeinsam Prinzipien und ethisch begründete Leitplanken für digitalisiertes und nachhaltiges Wirtschaften und Leben zu entwickeln. Nach Schließung des Diskussionsprozesses am 31.01.2020 wird eine überarbeitete Version erstellt und veröffentlicht.
Digitalisierung in den Dienst der Nachhaltigkeit stellen
Digitale Innovationen sollten gezielter zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele eingesetzt werden, anstatt wie bislang vor allem konventionelles Wachstum und zunehmende Monopolbildung zu fördern. Die Charta kann in diesem Sinne als Prinzipien-, Ziel- und Normensystem für die internationale Staatengemeinschaft dienen. Mit diesem Ziel formuliert sie Grundsätze zum Schutz der Menschenwürde, der natürlichen Lebensgrundlagen, der Teilhabe und des Zugangs zu digitalen und digitalisierten Infrastrukturen und Technologien sowie der individuellen und gesellschaftlichen Entfaltungsfreiheit im Digitalen Zeitalter. Der WBGU empfiehlt, die Agenda 2030 und die globalen Nachhaltigkeitsziele in diesem Sinne weiter zu entwickeln und die Zusammenschau von Digitalisierung und Nachhaltigkeit effektiv zu institutionalisieren. So könnten die Ergebnisse des Charta-Prozesses mit der Empfehlung des UN High-level Panel on Digital Cooperation verbunden werden, sich im Jahr 2020 auf ein „Global Commitment for Digital Cooperation“ zu verständigen.
Nachhaltigkeit des digitalen Wandels zum Markenkern der EU machen
Die vorgeschlagene Charta soll nicht nur Impulse für die Nachhaltigkeitspolitik im Rahmen der Vereinten Nationen geben, sondern auch für die Europäische Union, insbesondere für die neue EU-Kommission. Die Charta könnte für die EU den Rahmen bilden, ein eigenes Digitalisierungsmodell für einen nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsraum zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund sollte sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 dafür einsetzen, hierfür eine gemeinsame europäische Vision zu entwickeln und nachhaltige Entwicklung als Leitbild für europäische Digitalisierungspolitiken zu verankern. Umwelt- und Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, faire Produktionsbedingungen, Privatheit, soziale Inklusion und Kohäsion sowie Cybersicherheit und resiliente Infrastrukturen in der Technikgestaltung und im Betrieb sollten zentrale handlungsleitende Prinzipien eines künftigen europäischen Digitalisierungsmodells werden. Mit der Ausarbeitung einer „EU-Strategie für Digitalisierung im Dienste Nachhaltiger Entwicklung“ könnte die Union konkrete Optionen für die Weiterentwicklung der Agenda 2030 aufzeigen und damit der globalen digitalen Entwicklung neue Impulse geben.
Die Akteure hinter der Charta
Der Entstehungs- und Diskussionsprozess der Charta wird durch eine internationale Unterstützergruppe, bestehend aus weltweit führenden Forschungsinstituten und -netzwerken, mitgetragen: Earth League, Future Earth, Global Development Network, International Science Council (ISC), The South African Institute of International Affairs (SAIIA) , Research and Information System for Developing Countries (RIS, India), Sustainable Development Solutions Network (SDSN), United Nations University, The World in 2050 (TWI2050).
Über den WBGU
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) wurde 1992 im Vorfeld der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung („Erdgipfel von Rio“) von der Bundesregierung als unabhängiges wissenschaftliches Beratergremium eingerichtet. Er hat die Aufgabe, globale Umwelt- und Entwicklungsprobleme zu analysieren und zur Lösung dieser Probleme Handlungs- und Forschungsempfehlungen zu erarbeiten. Das aktuelle Gutachten des Beirates „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ (ca. 500 S.) bildete die Grundlage zur Ausarbeitung des Charta-Entwurfs.