Presseerklärung15.03.1995, Bremerhaven

Presseerklärung zur Klimakonferenz in Berlin

Um die drohenden Gefahren aus einem verstärkten Treibhauseffekt abzuwenden, muß die Staatengemeinschaft heute vorsorglich handeln. Die 1992 in Rio de Janeiro abgeschlossene Klimarahmenkonvention ist daher in Berlin und auf den Folgetreffen mit praktischen Vereinbarungen (Protokollen) zu ergänzen.

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen" (WBGU) stellt Lösungsansätze zu dieser Problematik vor:

  1. Der Beirat schätzt zunächst ein "Fenster" ab, innerhalb dessen künftige Klimaentwicklungen ablaufen dürfen, wenn die Folgen für Natur und Gesellschaft tragbar sein sollen. Die Grundannahmen wurden zunächst bewußt weit gewählt:
    • 1,3 °C als noch zulässige Erhöhung der mittleren Temperatur der Erdoberfläche,
    • 5 % des globalen Bruttosozialprodukts als noch tragbare Kosten der Anpassung und Schadensbeseitigung.
  2. Unter diesen Randbedingungen errechnet ein Szenario des Beirats, daß die Fortsetzung der gegenwärtigen Emissionspraxis (Business as Usual) der Menschheit noch ca. 25 Jahre Zeit bis zur Erreichung der oben genannten Grenzwerte geben würde. Danach tritt aber innerhalb weniger Jahre ein solch drastischer Minderungszwang auf, daß kaum Strukturen und Technologien vorstellbar sind, die diese Minderung erbringen könnten.
  3. Deshalb erscheint es dem Beirat als umsetzbar und sinnvoll, wenn die globalen CO2- Emissionen, nach einer Übergangszeit von etwa 5 Jahren, über mehr als 150 Jahre um jährlich knapp 1% reduziert werden.

Der Beirat weist aber darauf hin, daß große regionale Unterschiede in den technischen Minderungspotentialen der Staaten bestehen. Daher ist zu fordern, daß die (wahrscheinlich starren) Länderquoten für Treibhausgasemissionen durch geeignete Instrumente international "flexibilisiert" werden.

Dazu empfiehlt der Beirat kurzfristig die Einführung einer "gemeinsamen Umsetzung" (Joint Implementation), wodurch ein Teil der nationalen Minderungspflichten auch durch Finanzierung von Vermeidungsmaßnahmen in anderen Ländern erfüllt werden kann. Für eine solche außerhalb des eigenen Landes vorgenommene Emissionsminderung sollte ein mengenmäßiger Aufschlag erhoben werden.

Langfristig sollte zur weiteren Flexibilisierung ein globales Zertifikatesystem eingeführt werden, weil hier die Zielvorgaben deutlich kostengünstiger erreicht werden können. Dazu sollte sofort mit Vorarbeiten begonnen werden, z.B zur Etablierung eines solches Systems in einem Pilotvorhaben für die Europäische Union.

Eine spürbare Minderung der Treibhausgasemission wird letztlich nur dann möglich sein, wenn Bildung, Ausbildung und öffentliches Bewußtsein dieses massiv unterstützen. Der Beirat empfiehlt daher den zügigen Ausbau von Maßnahmen der Umweltbildung und - erziehung als eines der zentralen Instrumente einer nationalen und internationalen Umsetzungsstrategie im Klimabereich.

Einen besonderen Handlungsbedarf sieht der Beirat schließlich darin, die Klimaproblematik nicht isoliert zu behandeln, sondern Querverbindungen zu den übrigen Problembereichen des globalen Wandels, vor allem zu den rechtsverbindlichen Konventionen und Vereinbarungen herzustellen.