Festakt in Berlin: "Wissenschaftlicher Impulsgeber für die globale Nachhaltigkeitspolitik wird 10 Jahre alt"
Das Jubiläum wird am 3. Juli in Berlin gefeiert. Teilnehmen werden Vertreter der Bundesregierung, darunter Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Simone Probst. Die Festrede wird der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der EnqueteKommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“, Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, halten. Der WBGU berät die Bundesregierung in der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik. Mitglieder des WBGU, die vom Bundeskabinett für jeweils vier Jahre berufen werden, sind 9 ausgewiesene Wissenschaftler mit internationaler Erfahrung.
UN-Verhandlungen intensiv wissenschaftlich begleitet
Der WBGU ist in der vergangenen Dekade zu einem wissenschaftlichen Impulsgeber für eine global nachhaltige Entwicklung geworden. Ursprünglich auf globale Umweltveränderungen beschränkt, erstreckt sich die Arbeit des WBGU heute auf die Probleme des Globalen Wandels insgesamt. Mit seinen Vorschlägen konnte er in einer Reihe von Politikfeldern, inbesondere der Klima-, Boden- und Biodiversitätspolitik, aber auch zur Entwicklungsfinanzierung und zur Reform der Vereinten Nationen, die Diskussion entscheidend mitprägen. Zu einer Reihe von UNVerhandlungen wurden Gutachten erstellt, beispielsweise zur Konferenz über Entwicklungsfinanzierung in Monterrey, zur Klimakonferenz von Kioto und zum Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg.
Debatte um neue Finanzierungsinstrumente angestoßen
Mit ihrem jüngsten Gutachten haben die Wissenschaftler eine Debatte um innovative Finanzierungsinstrumente für die internationale Nachhaltigkeitspolitik angestoßen. Darin wird die Erhebung einer Maut für den internationalen Luftraum und die Meere vorgeschlagen, die insbesondere zur finanziellen Stärkung des Klima- und Küstenschutzes in Entwicklungsländern verwendet werden soll. Das Gutachten stieß in Deutschland, aber auch international, auf großes Interesse. So hat beispielsweise der Deutsche Bundestag die Bundesregierung im Juni diesen Jahres dazu aufgerufen, die Umsetzung dieses Vorschlages im Rahmen der EU zu prüfen. Im kürzlich veröffentlichten Bericht der Bundesregierung über die Umweltpolitik der 14. Legislaturperiode heißt es, dass künftig Start- und Landegebühren auf deutschen Flughäfen am Schadstoffausstoss der Flugzeuge ausgerichtet werden sollen.
Wegweisende Impulse in der Klimapolitik gegeben
Der WBGU hat in einer Studie früh auf die Schwächen d e s Kioto-Protokolls hingewiesen. In der Studie werden die Probleme bei der Anrechnung von Aufforstungsmaßnahmen zur Erfüllung der Reduktionsverpflichtungen für Treibhausgase dargestellt. Damit wurde eine Diskussion um mögliche Widersprüche zwischen Klimaschutz und Erhalt von Biodiversität angestoßen. Der WBGU hat zudem die Grenzen der Klimaerwärmung aufgezeigt, indem er so genannte „Leitplanken“ für die maximal noch hinnehmbare globale Erwärmung definiert hat. Nach dem heutigen Wissensstand ist eine weitere Erwärmung um mehr als etwa 1,5 Grad Celsius im Weltmittel (bezogen auf den heutigen Wert) au s ökologischer und wirtschaftlicher Sicht nicht mehr akzeptabel. Die im Kioto-Protokoll vereinbarten Reduktionsziele sind jedoch zu niedrig, um einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu den Leitplanken einzuhalten.
Neue Ideen in UN-Reformdebatte eingebracht
Bereits seit Jahren macht der WBGU darauf aufmerksam, dass die bestehenden internationalen Institutionen der Nachhaltigkeitspolitik zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen zu schwach sind. In einem Gutachten hat er diese Strukturen untersucht und gezeigt, wie d a s Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) reformiert und zu einer internationalen Umweltorganisation weiterentwickelt werden könnte. Der Deutsche Bundestag hat diesen Vorschlag aufgegriffen und die Bundesregierung im Juni diesen Jahres dazu aufgerufen, sich in Johannesburg für eine Stärkung des UNEP einzusetzen. Daneben hat der WBGU auch die Einrichtung eines „Erdrates“ mit weltweit anerkannten Persönlichkeiten nach dem Muster der Brundtland-Kommission vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wird inzwischen unter der Bezeichnung „Welt-Kommission Nachhaltigkeit und Globalisierung“ diskutiert. Seine Reformideen hat der WBGU bereits auf dem 2. Globalen Umweltministerforum 2000 in Nairobi vorgestellt.
Internationale Bodenschutzpolitik gestärkt
Der WBGU hat wesentlich zu einer stärkeren Beachtung des Bodenschutzes durch die Politik beigetragen, wenngleich seine Vorschläge nur teilweise und erst mit mehrjähriger Verzögerung ihren Niederschlag fanden. Insbesondere hat er für die Schaffung einer globalen Bodenkonvention durch Erweiterung des bestehenden Regelwerks plädiert, das bisher auf den Schutz der Böden in Trockengebieten beschränkt ist. Darüber hinaus hat der WBGU mit seinem Vorschlag für eine verbesserte wissenschaftliche Beratung der Vereinten Nationen in Bodenfragen nach dem Beispiel des Zwischenstaatlichen Ausschusses über Klimaänderungen (IPCC) international eine Debatte angestoßen, die inzwischen auch vom UNEP aufgegriffen wurde. Sowohl in Deutschland als auch in der EU ist der Bodenschutz inzwischen deutlich verbessert worden. Deutschland hat seit 1998 ein Bodenschutzgesetz und die EU-Kommission will bis 2004 eine europäische Bodenschutzstrategie verabschieden.
Empfehlung zur Entwicklungsfinanzierung blieb weitgehend unbeachtet
Zu den Vorschlägen, die nicht oder nur in Ansätzen von der Politik aufgegriffen wurden, zählt die wiederholte Empfehlung, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit auf bis zu 1% des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen. Die Finanzierungskonferenz von Monterrey im März 2002 brachte allerdings erste Fortschritte. Dort wurde eine Steigerung der gegenwärtig weltweit geleisteten finanziellen Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit um mehr als 20 Prozent erzielt. Die Bundesregierung hatte sich im Vorfeld der Konferenz verpflichtet, ihre Entwicklungsleistungen von derzeit 0,27 Prozent des BIP auf 0,33 Prozent bis zum Jahr 2006 zu erhöhen. Nicht zuletzt um dem globalen Terrorismus d en Nährboden zu entziehen, ist ein zusätzliches Engagement der Industrieländer in der Entwicklungsfinanzierung künftig unerlässlich.
Forschungsdefizite aufgezeigt und Programme angeregt
Der WBGU hat der Forschungspolitik neue Impulse gegeben, indem er Defizite in der Umweltforschung aufgezeigt und neue Methoden entwickelt hat. Er hat insbesondere einen neuen Ansatz zur interdisziplinären Erforschung der „Krankheitsbilder der Erde“ entwickelt (Syndromforschung). Dieser Ansatz wird vom BMBF gefördert und inzwischen vor allem im Ausland weiterentwickelt (Harvard University, Universität Bern usw.). Darüber hinaus hat er auch wesentlich zur Entwicklung eines neuen Programms zur Biosphärenforschung beigetragen (BioTEAM), bei dem die Auflösung des Konflikts zwischen Schutz und Nutzung der biologischen Vielfalt im Vordergrund steht.
Biosphärenforschung beigetragen (BioTEAM), bei dem die Auflösung des Konflikts zwischen Schutz und Nutzung der biologischen Vielfalt im Vordergrund steht.
Zum Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung hat der WBGU der Bundesregierung empfohlen, sich auf die drängendsten Probleme des Globalen Wandels zu konzentrieren und sich prioritär für folgende Punkte einzusetzen:
- die Weiterentwicklung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zu einer Internationalen Umweltorganisation, – den weltweiten Umbau der Energiesysteme im Sinne des Klimaschutzes und die Verabschiedung einer Weltenergiecharta,
- einen verbesserten Schutz der Wälder in Form eines Wälderprotokolls zur Biodiversitätskonvention,
- die Stärkung des nachhaltigen Umgangs mit Süßwasser durch die Verabschiedung einer "Weltwassercharta",
- die Vereinbarung eines Weltgipfels zu d en Auswirkungen des Globalen Wandels auf Infektionskrankheiten.